Der nachfolgende Brief an die GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH) ist vielleicht für andere Webradios interessant, die ein ähnlich randständiges Programm senden. Für alle anderen wahrscheinlich nicht...
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Hallo Herr Abraham!
Tut mir Leid, dass ich es nicht geschafft habe, Sie einmal anzurufen. Aber die wichtigste meiner Fragen, wie ich wissen soll, ob ein Label GVL-Mitglied ist, hat sich durch das Schreiben Ihrer Kollegin Britta Pape bereits beantwortet.
Nach der Datenbank-Recherche, die mich einen ganzen Tag gekostet hat, komme ich zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass lediglich 14 der ca. 150 Medien (meist Alben), die das Programm des Webradios ausmachen, bei einem GVL-Label erschienen sind.
Es handelt sich um diese Alben:
Biosphere [2002] Shenzhou (12 Tracks)
Biosphere [2002] Substrata 2 - man with a movie camera [ambient abstract] (20 Tracks)
Biosphere [2004] Autour de la lune (9 Tracks)
Biosphere [2005] Dropsonde (6 Tracks)
Delerium [1995] Reflections I (11 Tracks)
Delerium [1996] Reflections II (10 Tracks)
Hoedh [1990] Hymnvs (7 Tracks)
Hoedh [2004] Universum (10 Tracks)
Lustmord - A Document of Early Acoustic & Tactical Experimentation (13 Tracks)
Phd2 - Resource (6 Tracks)
Phd2 - Universium (9 Tracks)
Polygon [1995] Refuge (12 Tracks)
Recoil [1988] Hydrology plus 1 + 2 (5 Tracks)
Thomas Köner [1997] driftworks (8 Tracks)
Womit sich die bisherige Jahrespauschale zur Speicherung für 1500 Stücke als völlig unrealistisch herausstellt. Die oben genannten Alben enthalten insgesamt 131 Stücke, womit die jährliche Pauschale zur Speicherung des Materials sich auf 16,37€ reduziert.
Gleiches möchte ich für den Anteil GVL-pflichtiger Musik im Programm geltend machen. Dieser ist deutlich unter 10% anzusetzen. (Bisher haben Sie 81-100% veranschlagt.)
Ich bitte darum, dies rückwirkend zu berücksichtigen und die nächsten Quartalszahlungen mit den bisher überzahlten zu verrechnen, da ich bis jetzt ja nicht die Gelegenheit hatte, den Anteil an GVL-Labels in meinem Programm auszumachen.
Anbei habe ich sämtliche Medien, aus denen sich meine Playlist (proportional, weil Random-Play) zusammensetzt einmal als CSV und zur einfacheren Handhabung als MS-Access Datei angehängt. Ich bitte um Korrektur, wenn ich ein Label nicht korrekt als GVL-Mitglied identifizieren konnte. Näheres entnehmen Sie den Kommentaren.
Ich hoffe, meine Arbeit trägt dazu bei, den oben genannten Labels anteilig die von mir gezahlten Gebühren zukommen zu lassen.
Zum Schluss sein noch angemerkt, dass ich den bürokratischen Aufwand, der für ein Hobby-Radio betrieben werden muss -- sowohl von meiner Seite als auch wahrscheinlich von Ihrer -- für völlig unverhältnismäßig halte.
An die GVL ca. 30€ im Monat, an die GEMA ca. 16€. Der Streaming-Provider ist mit $15 da noch der kleinste Anteil an den Kosten.
(Nach meinem Verständnis ist die GEMA für die Verwertung der Musik-an-sich der Künstler zuständig und die GVL nochmal für die Verwertung der Medien, auf denen sich die Musik befindet (sic!) -- aber ich mag mich da auch irren; so richtig blicke ich da nicht durch.)
Das mit der GVL ist im Moment aber noch in Verhandlung, da ich offensichtlich zu viele dumme Fragen gestellt habe, und wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück... In Zukunft muss ich wohl noch 15% Auslandsaufschlag zahlen, weil ich nicht nachweisen kann, dass beim Medium Internet der Anteil der ausländischen Hörer unter 2% liegt (sic!). Der Betrag setzt sich zusammen aus einer Pauschale von 12,5 Cent pro Jahr pro Lied, das auf dem Upstream-Server gespeichert ist, und einer Vergütung von 0,05 Cent pro Lied pro Hörer, wobei es hier auch einen Disput gibt, weil die GVL mir nicht glaubt, dass die Lieder eine durchschnittliche Länge von 6:30 Minuten haben und nicht 3:20 Minuten, was die durchschnittliche Länge bei einem Mainstream-Radio wäre. Das ist daher wichtig, weil bei dieser Titellänge durchschnittlich 12,5 Hörer gleichzeitig hören können, ohne dass dadurch zusätzliche Kosten entstehen, weil ich eigentlich auf jeden Fall eine Mindest-Jahresvergütung für gehörte Stücke von 500€ zahlen muss.(Keine Ahnung, warum mir bisher nur ca. 30€ also fürs Jahr 360€ in Rechnung gestellt werden -- soweit ging das mit meinen dummen Fragen dann auch nicht. Wahrscheinlich gibt es am Ende des Jahrs aber nochmal eine Nachzahlung.)
Ich bin nur am Wochenende aus allen Wolken gefallen, als ich bemerkte, dass anscheinend weniger als 10% der Musik tatsächlich GVL-pflichtig war. Die GVL geriert sich derart mit einem Alleinvertretungsanspruch für alle Künstler, dass ich dachte, ich müsse mir darum keine Sorgen machen und bis auf ein paar Sachen mit Creative Commons Lizenz, die ich im Programm habe, wäre alles dadurch abgedeckt. Im Vertrag heißt es, ich zahle für einen 'Tonträgermusikanteil' von 80-100%. Nun sieht es danach aus, als müsste ich mehr als 90% aller Künstler nochmal selbst kontakten und um Erlaubnis fragen. Vielleich schmeiße ich die 14 Alben auch raus und spare eine menge Geld, wenn das geht... aber erstmal abwarten.
Aber ich wollte eigentlich nicht anfangen zu jammern.
Nur ist das wohl der übliche Blues eines nichtkommerziellen Radios, wenn es mit der kommerziellen Verwertungsmaschinerie zusammentrifft. Da begegnen sich einfach zwei inkompatible Sphären. Für mich hat es den Anschein, dass sobald man als Kreativer die Verwertungsgesellschaften direkt (GEMA) oder indirekt über ein Plattenlabel (GVL) einschaltet, Musik kaum noch anders als in einem Verwertungszusammenhang zirkulieren kann, was natürlich nicht ohne Wirkung auf deren Inhalt bleiben kann. Zumindest verstehe ich jetzt die Medienlandschaft viel besser als vorher und mir ist klar, warum so viel Schund sein Dasein in den öffentlichen und privaten Sendern fristet. Ist doch auch was!
. Nun sieht es danach aus, als müsste ich mehr als 90% aller Künstler nochmal selbst kontakten und um Erlaubnis fragen. Vielleich schmeiße ich die 14 Alben auch raus und spare eine menge Geld, wenn das geht... aber erstmal abwarten.
Bleibt nur eins... going underground! Oder Stream gegen Zugang (Name/Passwort), evtl. auch entgeltlich (d.h. Nutzeracconut per Paypal für nen Monat oder so; hauptsache unkompliziert!).
Das entspricht aber nicht dem Gedanken eines Radios in meinem Augen.
Aber echt krass was du da abgibst! Dickes Lob! Ich würde jedenfalls eher die Guirella-Taktik angehen, da ich nicht einsehe die GVU oder sonst jemanden zu sponsern, den ich nicht für gut befinde
Wenn wir mit Spenden helfen können lass es wissen!
Aber echt krass was du da abgibst! Dickes Lob! Ich würde jedenfalls eher die Guirella-Taktik angehen, da ich nicht einsehe die GVU oder sonst jemanden zu sponsern, den ich nicht für gut befinde
Wenn wir mit Spenden helfen können lass es wissen!
Ich spende zb meine CDs, ich bin nicht sicher, ob sich meine Spendebereitschaft weiter ausbreiten ließe. Zumal bei der Diskussion um Streamripper die Frage aufkommt, ob es eher Nutzen oder Nachteil nach sich zieht!
Bei anderen Leuten glaube ich auch nicht, dass da der Betrag zusammen käme, zumal man bedenken muss, dass das nur geht, wenn regelmäßig genug zusammen kommt.
Bei mir ist es zufällig so, dass ich ein bisschen finanziellen Spielraum habe und das Webradio einfach machen wollte (ohne zu wissen oder genau zu planen, wie sich das entwickelt). Auch wenn das da oben vielleicht den Eindruck erweckt, dass ich am Hungertuch nage. In diesem Thread wollte ich einfach meine Erfahrungen mit Verwertungsgesellschaften dokumentieren, so dass andere Webradiomacher davon profitieren. Geldspenden will ich nicht (naja, reden wir nochmal drüber, wenn ich den Stream auf 100 Slots erweitern muss ), weil das gewisse Verbindlichkeiten schaffen würde, die ich bei einem Hobby-Projekt eigentlich nicht will. Da ist es dann auch nicht weit bis zu einem Sponsoring, das den eigentlichen Inhalt sekundär, also zum Mittel für einen Zweck werden lässt (gut zu beobachten auf radioforen.de).
Statt Geldspenden würde ich eher um Geistspenden bitten wollen, wie ihr beide sie in Form von selbstmotivierten Kommentaren hier schon abgegeben habt -- und natürlich sind Spenden von DA-Musik immer willkommen (unabhängig davon, ob ich sie letztendlich in das Programm aufnehme ).
Sonst würde ich sie ja nicht featuren ... sehr schön!
Was Deine ripping-bedingten Zweifel an Musikspenden angeht, glaube ich, dass der Nutzen bei weitem überwiegt -- selbst wenn es Dir nicht primär um die Verbreitung der Musik, sondern um verkaufte CDs gehen sollte. Es geht da immer um einen Prozess der Identifikation, den man über eine community herstellen muss und nicht darum, Musik anonym mit rein technischen Mitteln "auf den Markt zu schmeißen". Allerdings glaube ich, dass die Verkaufszahl immer eine von der "Wertschätzung des Künstlers" (nicht primär der Musik!) abgeleitete Funktion ist. Markttransaktionen sind nunmal Manifestationen gesellschaftlicher Verhältnisse zwischen Subjekten -- nicht zwischen Subjekt und Objekt (Musik).
Ich glaube, das könnte neben Information der Sinn dieser Webseiten sein, da bei vielen DA-Projekten die Künstler doch ziemlich in den Hintergrund treten (wenig Konzerte, etc.).